Urheberrecht: Update Oktober 2023
Kategorien: News, Artikel Author: PANArt 3. Oktober 2023
Artikel: Urheberrecht: Fragen und Antworten
Das Handelsgericht des Kantons Bern hatte die Hauptverhandlung auf zwei Tage angesetzt. Und so lange hat sie auch gedauert – ungewöhnlich lange für eine Gerichtsverhandlung in der Schweiz. Der Gerichtssaal war bis auf den letzten Platz besetzt.
Den Auftakt machten die Anwälte der 25 Hersteller und Anbieter von Kopien des HANG, der selbst ernannten Vertreter der «Handpan Community». Mehr als eine Stunde lang lasen sie vor, was sie bereits zuvor auf hunderten Seiten schriftlich vorgetragen hatten. Im Wesentlichen behaupteten sie erneut, dass die erste, von Sabina Schärer und Felix Rohner Ende 1999 geschaffene Version des HANG (das sog. «Ur»-HANG) ein Zufallsfund war und dass die späteren Versionen bis zu jener, welche die PANArt Hangbau AG seit 2001 in grösserer Anzahl herstellt und vertreibt, bloss spieltechnischen Verbesserungen geschuldet waren.
Ganz anders der Anwalt der Urheber. Sein Plädoyer entsprang hörbar dem Herzblut der Urheber und deren Familie und Freunden, die der Verhandlung beiwohnten. Er erinnerte daran, dass in Bern vor bald 150 Jahren die Schweiz und neun andere Staaten die inzwischen weltweit geltende «Berner Übereinkunft» unterzeichneten, "gleichermassen vom Wunsch geleitet, die Rechte der Urheber an ihren Werken in möglichst wirksamer Weise zu schützen". Er betonte, dass auch die Gestaltung eines Musikinstruments als sog. «Werk der angewandten Kunst» urheberrechtlich geschützt sei, wenn sie individuell ist. Dass das HANG kein Zufallsprodukt sei, zeige nicht nur die von Sabina Schärer und Felix Rohner im Rahmen der sog. Parteibefragung bestätigte Schöpfungsgeschichte, sondern auch ein Vergleich mit allen 1999 bekannten, die gleiche Funktion aufweisenden Instrumenten. Vielmehr sei die Gestaltung des «Ur»-HANG sogar statistisch einmalig, wie vom früheren Berner Rechtsprofessor Max Kummer in den 1960er Jahren für Urheberrechtsschutz gefordert, aber von den Gerichten inzwischen als zu streng verworfen.
Aber selbst wenn man - rechtlich unzulässig - das «Ur»-HANG als Ausgangspunkt für die Beurteilung der Individualität ansehen würde, hätten nicht nur die beiden für Blechklanginstrumente anerkannten und von den Urhebern um Gutachten gebetene Experten Prof. Achong und Dr. Steppat, sondern selbst der von der Klägerschaft beauftragte «Gutachter» bewiesen, dass ein Instrument, mit dem man die gleichen Klänge wie mit dem HANG erzeugen kann, nicht so aussehen müsse wie das HANG. Auch darauf komme es urheberrechtlich aber ohnehin nicht an, schloss der Anwalt der Urheber. Nicht ohne zu betonen, dass es den Urhebern nicht um wirtschaftliche Ziele, sondern um eine Anerkennung und Respekt ihres geistigen Eigentums gehe.
Anschliessend befragte das Gericht den Perkussionisten Reto Weber, der Sabina Schärer und Felix Rohner Ende 1999 besuchte, um sein Steelpan stimmen zu lassen. Er bestätigte, dass er diese damals bat, ihm ein mit einem Ghatam vergleichbares, mit den Händen spielbares Instrument aus Blech zu machen. Er behauptete aber weder, dass es sich bei dem ihm von diesen daraufhin gegebenen «Ur»-HANG um ein Zufallsprodukt handelte, noch dass er bei dessen Gestaltung selbst kreativ tätig gewesen sei.
Nachdem der beim Handelsgericht übliche Versuch, die Parteien zu einer Einigung zu bringen gescheitert war, wies das Gericht alle weiteren Beweisanträge der Anwälte der Klägerschaft ab. Die Verhandlung schliessend bat es die Parteien um einen weiteren Versuch, sich zu einigen. Sollte dieser nicht gelingen, dürften beide Parteien ihre Schlussvorträge schriftlich erstatten und werde das Gericht ein Urteil erlassen.
Wir erwarten dieses Urteil im ersten Quartal des nächsten Jahres, vertrauen auf die Kompetenz der Berner Richter und sind nach dem Verlauf dieser Verhandlung vorsichtig optimistisch.