Urheberrecht: Update Oktober 2022
Kategorien: News, Artikel Author: PANArt 17. Oktober 2022
Artikel: Urheberrecht: Fragen und Antworten
Nachdem die Klägerschaft im Mai ihre Replik eingereicht hatte, haben wir im September unsere Duplik eingereicht. Damit ist der Schriftenwechsel abgeschlossen und wird das Handelsgericht Bern zur Hauptverhandlung voraussichtlich Anfangs 2023 vorladen. Das Urteil zur Frage, ob das HANG urheberrechtlich geschützt ist, erhoffen wir somit in einem Jahr.
Die Replik ist mit ihren 164 Seiten und unzähligen Beilagen fast so umfangreich wie bereits die Klageschriften. Im Wesentlichen behauptet die Klägerschaft in einem ersten Schritt, dass der unbestritten von uns, Sabina Schärer und Felix Rohner, im Jahr 1999 gestaltete Prototyp 1 bzw. das auch sog. Ur-Hang ein "blosses Zufallsprodukt" und aus diesem Grund nicht urheberrechtlich geschützt sein könne. In einem zweiten Schritt wird, unter Verwendung einer verwirrlichen und irreführenden Terminologie und unter Bezug auf einen angeblichen Experten behauptet, alle späteren Versionen des HANG bis zur Ausgestaltung im Jahr 2001, die in grösseren Stückzahlen hergestellt und weltweit vertrieben wurden; und auch die jüngste Ausgestaltung, das Freie Integrale Hang, seien bloss "technisch bedingte" bzw. "technisch notwendige" Weiterentwicklungen und aus diesem Grund ebenfalls nicht urheberrechtlich geschützt. Diese Behauptungen entsprechen aber nicht nur nicht der Wahrheit, sondern widersprechen auch dem Gesetz und der jüngsten einschlägigen Rechtsprechung zum Urheberrechtsschutz von sog. Werken der angewandten Kunst.
In unserer Duplik haben wir anhand der Entwicklungsgeschichte des HANG erstens bewiesen, dass der Prototyp 1" keineswegs ein "Zufallsprodukt" war. Vielmehr wies dieses Resultat einer langen künstlerischen Auseinandersetzung der Künstler mit Klangobjekten bereits alle Merkmale auf, welche seinen individuellen und damit urheberrechtlich geschützten Gesamteindruck ausmachen:
Dies wird deutlich, wenn man, wie es das Bundesgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung zum Urheberrechtsschutz von Werken der angewandten Kunst vorschreibt, mit den 1999 bekannten Formen anderer Klangobjekten vergleicht:
Schon allein aus diesem Grund fällt die Argumentation der Replik in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Denn wenn die erste Ausgestaltung des HANG urheberrechtlich geschützt ist, gilt dies selbstverständlich auch für spätere Versionen dieses Werkes, die von selben Autoren stammen.
Unabhängig davon haben wir in der Duplik zweitens bewiesen, dass die einzelnen Gestaltungselemente der späteren, durch die unbestritten selben Autoren geschaffenen Versionen des HANG höchstens dann "technisch notwendig" wären, wenn man diese Beurteilung anhand des HANG in einer späteren Ausgestaltung vornehmen würde. Eine solche rückschauende Betrachtungsweise ist aber selbst im Patentrecht verboten.
Aber selbst, wenn man - hypothetisch - davon ausgehen würde, dass die einzelnen Gestaltungsmerkmale des HANG "technisch notwendig" wären, würde das der Klägerschaft nichts nützen. Denn eine solche mosaikartige Betrachtungsweise ist im Urheberrecht verboten. Nur dann, wenn der Gesamteindruck des HANG "technisch notwendig" wäre, dürfte nach der Rechtsprechung der obersten Gerichte der Schweiz, Deutschlands, der Niederlande und der Europäischen Union dem HANG der Urheberrechtsschutz verweigert werden. Dass es zahlreiche andere Formen von Klangobjekten gibt, mit welchen ähnliche Klänge erzeugt werden können wie mit der Form des HANG, haben wir aber schon in der Klageantwort bewiesen und hat die Klägerschaft in ihrer Replik nicht einmal bestritten, geschweige denn widerlegt.